
Staffelübergabe am Westfalen-Kolleg Paderborn
Dr. Ulrike Kurth geht nach 30 Jahren am Westfalen-Kolleg Paderborn in den Ruhestand und übergibt die Verantwortung für ihre Tätigkeitsbereiche
Dr. Ulrike Kurth hat die Lehrbefähigung für gleich fünf Fächer inne: Katholische Religion, Philosophie, Deutsch, Erziehungswissenschaft und Psychologie. Sport gehört zwar nicht dazu, aber dennoch bieten sich im Zusammenhang mit ihrer Pensionierung zwei Vergleiche aus diesem Fach an. Wenn in einem Mannschaftssport ein sehr wichtiger Spieler ersetzt werden muss, dann äußert sich der Trainer dazu meistens in dem Sinne, dass man den Ausfall nicht eins zu eins ersetzen könne, sondern ihn als Mannschaft kompensieren müsse. Dass die Situation für das Westfalen-Kolleg Paderborn durch die Pensionierung Dr. Kurths ganz ähnlich ist, liegt nicht nur an der Anzahl ihrer Unterrichtsfächer, sondern an ihrem vielseitigen Wirken über den Unterricht hinaus. So hat die Studiendirektorin gleich zwei Profilbereiche der Schule koordiniert, für die sie im Rahmen ihrer Verabschiedung selbst symbolisch die Staffelstäbe an die Kollegen Jan Lindner und Dr. Manuel Koch weitergegeben hat.
Ein Tätigkeitsfeld, das ihr sowohl beruflich als auch privat besonders am Herzen liegt, ist die europäische Bildungsarbeit. Genau vor 25 Jahren leitete Dr. Ulrike Kurth ihr erstes internationales Schulprojekt und seither ist kein Jahr vergangen, in dem sie nicht eine neue Projektidee entwickelt und verwirklicht hat, an dem Studierende des Westfalen-Kollegs über die Mitarbeit in der Europa-AG eingebunden sind. Für sie ergeben sich dadurch viele Möglichkeiten, ihren Horizont zu erweitern. „Vielen unserer Studierender sind Bildungsreisen und internationale Kontakte nicht in die Wiege gelegt worden. Es kam daher auch vor, dass Studierende im Rahmen von Projekttreffen der Europa AG zum ersten Mal überhaupt im Ausland waren. Und dann haben sie dort gleich vor einem internationalen Publikum eine Präsentation auf Englisch zu einem selbst erarbeiteten Thema vorgestellt“, berichtet sie. Das Netzwerk der Partnerinstitutionen des Westfalen-Kollegs – von Grundschulen bis Universitäten und Museen – erstreckt sich mittlerweile buchstäblich über ganz Europa: von Galeway (Irland) bis Moskau und von Kontiolahti (Finnland) bis Nikosia (Zypern). Und auch nach dem Besuch des Kollegs konnten einige ehemalige Studierende des Kollegs die Kontakte für Praktika oder Semester im Ausland nutzen. Aufgebaut werden konnte dieses Netzwerk nicht nur auf dem Ideenreichtum Ulrike Kurths, sondern auch auf ihrer Fähigkeit, andere Menschen und Institutionen für die Realisierung der Projekte zu begeistern und diese dadurch möglich werden zu lassen. Dadurch hat sie unzähligen Schülerinnen und Schülern und auch Bildungsmultiplikatoren wie Lehrkräften in Schulen und Universitäten ermöglicht, bei gemeinsamen Bildungsprojekten international zu kooperieren. Geleitet wurde sie dabei von der Überzeugung, dass die Idee Europas nur durch die Begegnung von Menschen gelebt werden könne und eine Zukunft habe. Diese Begegnungen fanden unter anderem auch auf der jährlich im Mai am Westfalen-Kolleg veranstalteten Europawoche statt, zu der regelmäßig etwa 130 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus ca. 20 europäischen Ländern nach Paderborn kommen. Ihr Enthusiasmus und ihre Kompetenzen im Bereich der internationalen Bildungsarbeit kommen auch darin zum Ausdruck, dass sie 15 Jahre für das Land Nordrhein-Westfalen als Moderatorin für Europa-Projekte an Schulen tätig war.
Als Vorsitzende des Westfälischen Forums für Kultur und Bildung e. V., das auch mit der Stadt Paderborn bei zahlreichen Veranstaltungen der Europaarbeit kooperiert, setzt sie ihr europäisches Engagement fort und wird dabei auch weiter mit dem Westfalen-Kolleg Paderborn zusammenarbeiten. In der Schule wird Jan Lindner, der selber schon seit langem die europäischen Schulprojekte unterstützt, die Koordination der Europaarbeit von ihr übernehmen. Aktuell leitet die Schule drei Bildungsprojekte des Erasmus+ Programms der EU mit insgesamt 18 Partnern aus 12 Ländern.
Ebenfalls verantwortlich war Ulrike Kurth seit dem Jahr 2011 für den Bildungsgang Abitur-Online. Dabei handelt es sich um ein schulisches Weiterbildungsangebot für Berufstätige, mit dem sie durch eine Mischung aus Präsenz- und Digitalunterricht das Abitur oder Fachabitur erreichen können. „Abitur-Online ist ein Format, das einerseits der politisch gewünschten Flexibilität entspricht, weil Arbeitnehmer eine Verbesserung ihrer schulischen Qualifikation neben einer regulären Beschäftigung erwerben können, andererseits aber auch der als immer wichtiger empfundenen Selbstverwirklichung dient, denn Arbeit, Familie und eigene Bildungswünsche lassen sich mit diesem Modell verbinden. Abitur-Online ist ein anspruchsvoller und fordernder Lehrgang, aber die Durchschnittsnoten der letzten Jahre bestätigen die Leistungsfähigkeit und -bereitschaft der Studierenden“, stellt Kurth die Besonderheiten des Bildungsganges heraus.
Die Koordination von Abitur-Online, der als digitaler Hybridunterricht im kommenden Jahr bereits auf sein 25-jähriges Bestehen zurückblicken kann, wird Dr. Manuel Koch weiterführen.